Montag, 3. September 2012
Einheit und Spaltung in der Gemeinde
Die Bibel kennt nur eine Gemeinde und diese Gemeinde ist der Leib Christi. Dieser Leib ist nicht zerteilt in verschiedene Gemeinden unterschiedlicher Benennung an einem Ort, sondern es ist nur einer. Paulus spricht über diese Problematik in 1. Kor.1, 10.12.13b:
„Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig redet und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seiet. …. Ich meine aber dies, dass jeder von euch sagt: ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber Christi. Ist der Christus zerteilt?“

Wenn wir in der Apostelgeschichte über die Christen in Jerusalem lesen, dann ist dort nie die Rede von verschiedenen Gemeinden bzw. Benennungen in einer Stadt, sondern von einer Gemeinde in Jersusalem. Diese Gemeinde umfasste nach einigen Jahren schätzungsweise bis zu 20000 Personen. Es gab keine Halle und kein Zelt, in der sich diese eine Gemeinde traf. Stattdessen versammelten sie sich in vielen verschiedenen Häusern der Stadt gleichzeitig oder auch zu unterschiedlichen Zeiten, um das Brot zu brechen und Gemeinschaft zu haben. Sie kamen auch zusammen, um sich in die Lehre der Apostel zu vertiefen, oder um zu beten. (s. Apg. 2, 42.46) Als Petrus im Gefängnis war, kamen viele Gläubige der Gemeinde zum Gebet im Haus der Maria, der Mutter des Johannes Markus zusammen. Keiner kam auf die Idee, aus der einen Gemeinde mehrere Gemeinden unterschiedlicher Benennung oder Ausrichtung zu formieren. Die Apostel und Propheten taten ihren Dienst, in dem sie bei den unterschiedlichen Versammlungen dieser einen Gemeinde so oft wie möglich anwesend waren. Sie lehrten und taten vieles anderes, was den Zusammenhalt förderte.
So geschah es auch in Korinth, in Ephesus, in Rom und anderswo. Es gab zwar immer verschiedene Versammlungen in vielen Häusern des jeweiligen Ortes, aber es war nur eine Gemeinde mit einer gemeinsamen Identität.

Was Paulus in Korinth kritisierte, war die Aufteilung dieser einen Gemeinde in verschiedene Gruppen oder Parteien mit verschiedenen Benennungen. In Korinth nannten sich einige „kephisch“, nach ihrem Vorbild Kephas (Petrus), andere nannten sich „apollisch“, ihr Vorbild war Apollos. Wieder andere richteten sich nach Paulus aus, sie waren „paulinisch“ und zu guter letzt gab es auch solche, die sich nur nach Christus ausrichten wollten und sich damit von den anderen abgrenzten. Paulus nannte das Spaltung und Zerteilung.
In diesem Sinne ist die lokale Gemeinde heute in allen Orten und Städten eine gespaltene Gemeinde, zerteilt in viele verschiedene Parteien an einem Ort. In jeder großen Stadt gibt es heute Katholische, Orthodoxe, Evangelische, Lutherische, Alt- Katholische, Methodistische, Adventistische, Baptistische, andere Freikirchen unterschiedlicher Benennung und viele neue Gruppen, die eine mehr individuelle Ausrichtung haben. In einer Stadt wie Berlin gibt es mehr als tausend Gemeinden unterschiedlicher Benennung. Wir sprechen hier von Konfessionen oder von Denominationen, von denen es weltweit mehr als 20000 verschiedene gibt. Das Wort Konfession (lat. confessio = „Geständnis, Bekenntnis“) stellt mehr das eigene Bekenntnis der Gruppierung in der Vordergrund. Immer ist es das christliche Glaubensbekenntnis, aber mit einer zusätzlichen Lehre bzw. dogmatischen Ausrichtung. Das Wort Denomination (lat. denominatio = „(nähere) Benennung, Bezeichnung“) betont mehr den eigenen Namen, die Benennung. Diese ist in der Regel von einer oder von mehreren Personen der Geschichte und deren Offenbarung und Erkenntnis abgeleitet, um die herum sich die neue Gruppierung formierte. Zum Beispiel die Baptistengemeinde, sie betont die Glaubenstaufe (gr. baptizo = taufen, untertauchen) oder die Pfingstgemeinde, sie betont das Pfinsterlebnis (gr. pentekostē = Pfingsten).

In den meisten westlichen Ländern ist heute die „Zeit des kalten Krieges“ zwischen den Konfessionen und Denominationen vorbei. Man steht sich nicht mehr kriegerisch gegenüber in einer verhärteten Haltung, bei der die eigene Überzeugung als einzig wahre gilt, sondern reicht sich die Hand über die Mauer der eigenen Benennung hinweg. Das ist sicherlich zu begrüßen, doch ich wage die Vermutung, dass dies entsprechend des Zeitgeistes ist, der Toleranz und Pluralismus propagiert. Es ist in unserer Zeit einfach nicht mehr schicklich, so „verbohrt“ an seiner eigenen Meinung festzuhalten und andere zu negieren. Der moderne Mensch ist aufgeschlossen und betont Individualismus und Vielfalt. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo es als Katholischer kaum möglich war eine Evangelische zu heiraten und wo der Baptist der Meinung war, dass die eigene Glaubenspraxis die einzig richtige ist.
Ich denke, dass diese falsche und dogmatische Haltung langsam überwunden wurde.
Einhergehend mit dieser Entwicklung in den letzten 50 Jahren war aber auch eine stärker werdende Verweltlichung der konfessionellen Gemeinden zu erkennen. An vielen Glaubensdogmen, auch an guten, wurde nicht mehr akribisch festgehalten, sondern man öffnete sich mehr und mehr auch für andere Einflüsse von außen, welche die festumrissenen Bekenntnisse relativierten. Natürlich haben die Bestrebungen der Ökumene und die Evangelische Allianz auch ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen.

Früher habe ich geglaubt, dass die Aufteilung in verschiedene Konfessionen und Denominationen im positiven Sinne die Vielfalt der Gemeinde Jesu zeigt. Zwar blieben die Christen nicht zusammen in dieser Vielfalt und bildeten verschiedene Gruppen, doch für Gott sei es kein Problem diese alle wieder durch ein großes Band der Liebe locker zusammenzuhalten. Denn Gott kann auch auf den
„krummen Wegen des Menschen gerade schreiben“. Das ist auch die Grundlage der ökumenischen Bestrebungen im Großen und es ist auch das Anliegen der Evangelischen Allianz im kleinen und im evangelikalen Bereich. Heute betrachte ich das allerdings mit anderen und schärferen Augen und komme zu einem anderen Ergebnis.

In Epheser 4,3.4 erwähnt Paulus: „Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens. Ein Leib und ein Geist… ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller.“
Heute gibt es diese Einheit der lokalen Gemeinde nicht mehr, wir haben sie verloren durch die Zerteilung in verschiedene Denominationen und Konfessionen. Sie existiert nur theoretisch auf der Agenda der Allianzen und ökumenischen Treffen als einzelne Feierstunden und einige Aktivitäten im Geist der Einheit. Doch praktisch und im Alltag wird sie nicht gelebt, weil jeder an seiner Konfession oder Denomination festhält und nicht bereit ist sie ganz aufzugeben. Zwar will man sich regelmäßig in Toleranz begegnen, doch keiner ist in der Lage seine konfessionelle Identität loszulassen. So wird eine Einheit in den ökumenischen Treffen und Allianzveranstaltungen zelebriert, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist. Der Leib Jesu bleibt weiterhin zerteilt in unterschiedliche Bekenntnisse, das wird auch nicht durch Veranstaltungen geändert. Zwar kommen sie zusammen und einigen sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ihrer verschiedenen Bekenntnisse, doch halten sie im Prinzip an ihrer Tradition fest und möchten sie nicht aufgeben. Ein paar Mal im Jahr treten sie heraus aus den Mauern ihrer eigenen Konfession und begrüßen freundlich diejenigen, die hinter anderen Mauern leben.
Immer wenn ich an einem solchen Treffen in der Stadt teilnahm, wurde ich gefragt „Wo kommen Sie her“, oder „zu welcher Gemeinde gehören sie“? Wenn ich dann mit diesen Worten geantwortet habe: „Welch eine Frage, natürlich gehöre ich zur Gemeinde der Stadt …. und wir versammeln uns in der .….. straße“. Begegnete mir großes Unverständnis und sogar direkte Ablehnung.

Wenn es wirklich möglich wäre, diese Einheit vor der Wiederkunft Jesu wiederherzustellen, dann nur wenn wir konsequent alle denominationellen Schranken abschaffen und entschlossen alle konfessio- nellen Mauern zerstören, um uns neu als die eine Gemeinde der Stadt begegnen zu können, als ein Leib, der nicht zerteilt ist. Das wäre aber nur möglich, wenn wir die unterschiedlichen Erkenntnisse, Dogmen und Theologien, die unsere eigene gemeindliche Identität ausmachen, sterben lassen. Unsere „Gemeindefestplatte“ müsste komplett gelöscht und neu formatiert werden. Wir könnten dann eine neue Gemeindeidentität annehmen, nämlich die alte bzw. erste, die wir aus dem neuen Testament kennen, ein unzerteilter Leib und viele unterschiedliche Glieder.

Ric

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