Dienstag, 19. Juni 2012
Geistliche Räder
risced, 16:32h
Nach 10 Jahren Dabeisein und Mitmachen in den Strukturen einfacher Gemeinden hat sich bei mir eine bestimmte Meinung über die Gemeinden und deren Netzwerke entwickelt. Darüber möchte ich kurz meine ersten Vorstellungen und Überlegungen weitergeben.
Meine langjährigen Erfahrungen mit einfachen Gemeinden (Hauskirchen/ Hausgemeinden etc.) haben für mich deutlich gemacht, dass dies junge Bewegung/ „Nochnichtbewegung“ an zwei grundlegenden Fehlentwicklungen krankt:
1. Die mangelnde Begeisterung und Inspiration durch den Heiligen Geist:
Meine Feststellung ist, es gibt in den wichtigen Dingen des Glaubens- und Gemeindelebens keinen wesentlichen Unterschied zwischen den Gläubigen aus institutionellen Gemeinden und denen aus den einfachen Gemeinden: Ihr Verhalten, ihr Habitus in dieser Zeit sind nahezu identisch. Dieselbe „Lauheit“ und Gleichgültigkeit, die ich oft in den organisierten Gemeindeverbänden beobachtete, ist in den Hausgemeinden genauso vorhanden. Da ist in Beiden wenig Feuer für die Ausbreitung des Reiches Gottes vorhanden. Private Angelegenheiten, der Beruf, der Urlaub, der Konsum u.a. sind oft wichtiger als die Dinge des Reiches Gottes.
2. Die weite Ablehnung hilfreicher, der Gemeinschaft dienender Strukturen:
In institutionalisierten Gemeinden haben Strukturen und Gemeindeprogramme sehr oft einen zu hohen Stellenwert. Das authentische Gemeinschaftsleben wird dadurch erstickt und die frische Führung durch den Heiligen Geist kann sich nicht entwickeln. Umgekehrt ist es oft in einfachen Gemeinden. Durch die Ablehnung von Strukturen und Schulungsprogrammen fehlen die geeigneten Bahnen, und die passenden Gefäße, durch welche die kostbaren Güter des Heiligen Geistes die Heiligen erreichen können. Viele Gemeindeglieder bleiben in Unreife und Unmündigkeit.
Warum Favorisieren wir dann noch einfache Gemeinde, Hausgemeinde, Hauskirche, wenn es uns geistlich nicht weiterbringt? Lass uns doch lieber zurückgehen zu den institutionellen Gemeinden. Wenn ich nicht selbst durch den Heiligen Geist ein Stück Offenbarung über Gemeinde bekommen hätte, würde ich es glatt machen. Aber da ist eben die neu gewonnene Einsicht in das, wie Gott sich unter Gemeinde vorstellt. Trotzdem, wenn da kein echtes aus dem Heiligen Geist inspiriertes Leben drin ist, macht es keinen Sinn. Der Inhalt ist das Wesentliche, es geht um das was drin ist und nicht um das, wie es äußerlich aussieht. Echte Liebe, echte Demut, echte Begeisterung, echte Reife, wo kommt sie her? Kann uns da eine Struktur helfen? Wo liegt die Lösung für das Problem?
Der Dienst im Netzwerk der einfachen Gemeinden
Zurüstung und Stärkung der Heiligen braucht eine angemessene Struktur in dessen geschützten Rahmen das möglich ist, ein „spiritual environment“, ein Gewächshaus mit den richtigen klimatischen Bedingungen. Das wird möglich durch die Arbeit der entsprechenden Dienste, sie können diese Bedingungen schaffen. In Epheser 4.11 lese ich:
„Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi.“
Im Korintherbrief und im Epheserbrief spricht Paulus über die grundlegenden Bestandteile einer voll intakten Gemeinde. Es ist der Leib Christi, der aus dem Haupt, den Gliedern, den Gelenken und Bändern besteht. Natürliche Gaben, Geistesgaben und Dienstgaben wirken zusammen, damit der Leib funktionieren kann. Eine wichtige Aufgabe haben dabei die Dienste (Dienstgaben). Als Gelenke und Bänder halten sie die Glieder des Leibes zusammen und verbinden sie zu einem organischen Bewegungsablauf (Kol.2, 19; Eph. 4,15.16). Man kann sie mit einem Radkranz vergleichen, der den Wirkungskreis des Dienstes innerhalb des Gemeindenetzwerkes kennzeichnet (2. Kor.10, 15). Außerdem sind die Dienste „Dreh- und Angelpunkte“ für den ganzen Organismus. Wie eine starke Radnabe halten sie die Speichen in der Mitte fest, die nach Außen streben und verbinden diese mit einer Achse. Sie zentrieren die in ihrer Unabhänigkeit nach Außen strebenden Gemeinden und verbinden diese mit anderen Diensten und mit anderen Netzwerken.
In einem Netzwerk von Hausgemeinden sind sie der zentrale Punkt von dem aus die Gemeinden und Glieder zusammengehalten werden. Auch ein Netz besteht aus Knoten, wo einzelnen Stränge zusammenkommen.
Ein Netzwerk von einfachen Gemeinden kommt nicht ohne einen solchen Zentralisationspunkt aus. Es ist der Ort, wo die Dienste ihre Wirksamkeit entfalten können, um den ganzen Leib zurüsten zu können. Das kann mobil geschehen, indem die Dienste immer wieder die Runde machen und die zusammengehörenden Gemeinden aufsuchen, um ihnen zu helfen - vergleichbar dem Rundlauf, bzw. der Rotation des Radkranzes. Es kann aber auch stabil geschehen, an einem festen Ort, wie in einer Radnabe. Ein solcher zentraler Punkt, (= geistliche Radnabe) war im 1. Jahrhundert in Jerusalem die "Säulenhalle Salomons", wo die Apostel Predigt und Lehre weitergaben und später in Ephesus in der „Schule des Tyrannus“, wo Christen aus der Stadt und aus der ganzen Provinz Asia zweieinhalb Jahr lang zusammenkamen, um von der Lehre und der Predigt des Paulus zugerüstet zu werden.
Ric
Meine langjährigen Erfahrungen mit einfachen Gemeinden (Hauskirchen/ Hausgemeinden etc.) haben für mich deutlich gemacht, dass dies junge Bewegung/ „Nochnichtbewegung“ an zwei grundlegenden Fehlentwicklungen krankt:
1. Die mangelnde Begeisterung und Inspiration durch den Heiligen Geist:
Meine Feststellung ist, es gibt in den wichtigen Dingen des Glaubens- und Gemeindelebens keinen wesentlichen Unterschied zwischen den Gläubigen aus institutionellen Gemeinden und denen aus den einfachen Gemeinden: Ihr Verhalten, ihr Habitus in dieser Zeit sind nahezu identisch. Dieselbe „Lauheit“ und Gleichgültigkeit, die ich oft in den organisierten Gemeindeverbänden beobachtete, ist in den Hausgemeinden genauso vorhanden. Da ist in Beiden wenig Feuer für die Ausbreitung des Reiches Gottes vorhanden. Private Angelegenheiten, der Beruf, der Urlaub, der Konsum u.a. sind oft wichtiger als die Dinge des Reiches Gottes.
2. Die weite Ablehnung hilfreicher, der Gemeinschaft dienender Strukturen:
In institutionalisierten Gemeinden haben Strukturen und Gemeindeprogramme sehr oft einen zu hohen Stellenwert. Das authentische Gemeinschaftsleben wird dadurch erstickt und die frische Führung durch den Heiligen Geist kann sich nicht entwickeln. Umgekehrt ist es oft in einfachen Gemeinden. Durch die Ablehnung von Strukturen und Schulungsprogrammen fehlen die geeigneten Bahnen, und die passenden Gefäße, durch welche die kostbaren Güter des Heiligen Geistes die Heiligen erreichen können. Viele Gemeindeglieder bleiben in Unreife und Unmündigkeit.
Warum Favorisieren wir dann noch einfache Gemeinde, Hausgemeinde, Hauskirche, wenn es uns geistlich nicht weiterbringt? Lass uns doch lieber zurückgehen zu den institutionellen Gemeinden. Wenn ich nicht selbst durch den Heiligen Geist ein Stück Offenbarung über Gemeinde bekommen hätte, würde ich es glatt machen. Aber da ist eben die neu gewonnene Einsicht in das, wie Gott sich unter Gemeinde vorstellt. Trotzdem, wenn da kein echtes aus dem Heiligen Geist inspiriertes Leben drin ist, macht es keinen Sinn. Der Inhalt ist das Wesentliche, es geht um das was drin ist und nicht um das, wie es äußerlich aussieht. Echte Liebe, echte Demut, echte Begeisterung, echte Reife, wo kommt sie her? Kann uns da eine Struktur helfen? Wo liegt die Lösung für das Problem?
Der Dienst im Netzwerk der einfachen Gemeinden
Zurüstung und Stärkung der Heiligen braucht eine angemessene Struktur in dessen geschützten Rahmen das möglich ist, ein „spiritual environment“, ein Gewächshaus mit den richtigen klimatischen Bedingungen. Das wird möglich durch die Arbeit der entsprechenden Dienste, sie können diese Bedingungen schaffen. In Epheser 4.11 lese ich:
„Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi.“
Im Korintherbrief und im Epheserbrief spricht Paulus über die grundlegenden Bestandteile einer voll intakten Gemeinde. Es ist der Leib Christi, der aus dem Haupt, den Gliedern, den Gelenken und Bändern besteht. Natürliche Gaben, Geistesgaben und Dienstgaben wirken zusammen, damit der Leib funktionieren kann. Eine wichtige Aufgabe haben dabei die Dienste (Dienstgaben). Als Gelenke und Bänder halten sie die Glieder des Leibes zusammen und verbinden sie zu einem organischen Bewegungsablauf (Kol.2, 19; Eph. 4,15.16). Man kann sie mit einem Radkranz vergleichen, der den Wirkungskreis des Dienstes innerhalb des Gemeindenetzwerkes kennzeichnet (2. Kor.10, 15). Außerdem sind die Dienste „Dreh- und Angelpunkte“ für den ganzen Organismus. Wie eine starke Radnabe halten sie die Speichen in der Mitte fest, die nach Außen streben und verbinden diese mit einer Achse. Sie zentrieren die in ihrer Unabhänigkeit nach Außen strebenden Gemeinden und verbinden diese mit anderen Diensten und mit anderen Netzwerken.
In einem Netzwerk von Hausgemeinden sind sie der zentrale Punkt von dem aus die Gemeinden und Glieder zusammengehalten werden. Auch ein Netz besteht aus Knoten, wo einzelnen Stränge zusammenkommen.
Ein Netzwerk von einfachen Gemeinden kommt nicht ohne einen solchen Zentralisationspunkt aus. Es ist der Ort, wo die Dienste ihre Wirksamkeit entfalten können, um den ganzen Leib zurüsten zu können. Das kann mobil geschehen, indem die Dienste immer wieder die Runde machen und die zusammengehörenden Gemeinden aufsuchen, um ihnen zu helfen - vergleichbar dem Rundlauf, bzw. der Rotation des Radkranzes. Es kann aber auch stabil geschehen, an einem festen Ort, wie in einer Radnabe. Ein solcher zentraler Punkt, (= geistliche Radnabe) war im 1. Jahrhundert in Jerusalem die "Säulenhalle Salomons", wo die Apostel Predigt und Lehre weitergaben und später in Ephesus in der „Schule des Tyrannus“, wo Christen aus der Stadt und aus der ganzen Provinz Asia zweieinhalb Jahr lang zusammenkamen, um von der Lehre und der Predigt des Paulus zugerüstet zu werden.
Ric
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christlicheraussteiger,
Freitag, 6. Juli 2012, 23:20
Dieser Artikel stimmt mich traurig - d.h. ich beziehe mich auf den ersten Teil; zum zweiten Teil kann ich nicht allzuviel sagen, da ich in meiner gegenwärtigen Situation nicht viel Gelegenheit zu konkreten Gemeindeerfahrungen habe.
Als ferner Beobachter hegte ich die Hoffnung, die gegenwärtig entstehende(n) Hausgemeindebewegung(en) könnten ein Instrument einer echten Rückkehr zum Neuen Testament bzw. zu von Gott gewollten Gemeindeformen sein. Deine Beobachtungen legen nun aber nahe, dass diese Bewegung(en) sich hauptsächlich auf äussere Fragen der Gemeindestruktur konzentriert und dabei vieles andere, was auch noch zu einer biblischen Reformation gehören würde, ausser acht lässt. (Auch wer es zum Prinzip macht, grundsätzlich keine Strukturen zu haben, hängt ja mit dieser Entscheidung immer noch in Strukturfragen fest.)
Z.B. sehe ich es als ein ganz grosses Problem, dass in den evangelikalen und pfingstlichen Kirchen (also in den Kreisen, die sich selber als "erwecklich" betrachten) eine Bekehrung weitestgehend am (Nach-)Sprechen eines "Übergabegebets" oder ähnlichen äusserlichen Ritualen festgemacht wird. Statistiken haben gezeigt (soweit sich das überhaupt statistisch untersuchen lässt), dass höchstens fünf Prozent solcher "Übergabegebets-Bekehrungen" echt sind. In Gesprächen mit solchen "Bekehrten" habe ich gefunden, dass sie mit diesem Ritual alle möglichen Vorstellungen verbinden, wie z.B: sich einer Kirche oder religiösen Richtung anschliessen; das Angebot einer Gratisfahrkarte zum Himmel annehmen; auf ein emotionelles Erlebnis während der Predigt reagieren; oder einfach "nach vorne gekommen, weil der Prediger sagte, wir sollten nach vorne kommen". Aber so gut wie nie hörte ich ein Zeugnis von Überführung von der Sünde, Umkehr, Wiedergeburt, Lebensübergabe an Jesus, Empfang des Heiligen Geistes (nicht nur als emotionelles Erlebnis, sondern als die effektive Gegenwart des heiligen Gottes und Befähigung, ein Leben zur seiner Ehre zu leben), etc. - alles entscheidende Punkte, die zu einer Bekehrung im biblischen Sinn gehören. Wenn Dein Punkt 1 zutrifft, dann dürfte(n) die Hausgemeindebewegung(en) eine ähnlich verschwommene Vorstellung von Bekehrung haben wie die übrigen Gemeinden. Aber wenn wir neutestamentliche Gemeinde bauen wollen, dann brauchen wir dazu doch zuallererst "neutestamentliche Menschen"! - Oder wie einmal ein Prediger sagte: "Eine Gruppe von Menschen, die zusammen Gottesdienst feiern, sind noch längst keine christliche Gemeinde; ebensowenig wie elf tote Männer eine Fussballmannschaft sind."
Ein anderer Punkt, von dem ich mich frage, ob er in seiner ganzen Tragweite erkannt worden ist, ist die zentrale Bedeutung der Familie. In der biblischen Sprache ist "Haus" gleichbedeutend mit "Familie". Dementsprechend war die neutestamentliche Gemeinde eine Gemeinschaft von wirklichen (leiblichen) Familien, nicht nur eine Gruppierung mit familien"ähnlichen" Strukturen. Jede Familie war in sich bereits eine Kerngemeinde - und natürlich wäre es keiner christlichen Familie in den Sinn gekommen, ihre Kinder ausser Haus von einem ungläubigen Lehrer ausbilden zu lassen. Dieses Verständnis muss zumindest in den USA in den evangelikalen Gemeinden noch bis weit ins 19.Jh. hinein vorhanden gewesen sein; denn R.J.Rushdoony erwähnt, dass damals noch in aller Regel Familien aus der Gemeinde ausgeschlossen wurden, wenn sie ihre Kinder an eine weltliche Schule schickten. Ich glaube, heutige Gemeinden (inbegriffen Hausgemeinden) haben noch einen sehr weiten Weg zu gehen, bis sie wieder auch nur annähernd zu einem Verständnis von der Heiligkeit der Familie gelangen, wie es in früheren Generationen - und natürlich in Israel und in der Urgemeinde - vorhanden war.
Ich wage es hier - auch wieder nur als ferner Beobachter - eine ketzerische Frage zu stellen, von der Du als Näherstehender wahrscheinlich eher sagen kannst, ob sie zutrifft oder nicht:
Könnte es sein, dass die gegenwärtig entstehende Hausgemeindebewegung und verwandte Bewegungen in der westlichen Welt nicht so sehr vom Neuen Testament her inspiriert sind (und auch nicht so sehr z.B. von der chinesischen Hausgemeindebewegung), sondern ebenso oder noch mehr von der Zeitströmung des "Postmodernismus", sodass es gegenwärtig einfach "in" ist, z.B. Netzwerke aufzubauen statt Hierarchien, oder den mitmenschlichen Beziehungen grösseres Gewicht zu geben als Regeln und Strukturen?
- Wenn dies zuträfe, dann würde das natürlich durchaus zu gewissen "biblischen" Ergebnissen führen. Es würde aber geistlich überall da scheitern, wo das Wort Gottes postmodernen Vorstellungen widerspricht.
Als ferner Beobachter hegte ich die Hoffnung, die gegenwärtig entstehende(n) Hausgemeindebewegung(en) könnten ein Instrument einer echten Rückkehr zum Neuen Testament bzw. zu von Gott gewollten Gemeindeformen sein. Deine Beobachtungen legen nun aber nahe, dass diese Bewegung(en) sich hauptsächlich auf äussere Fragen der Gemeindestruktur konzentriert und dabei vieles andere, was auch noch zu einer biblischen Reformation gehören würde, ausser acht lässt. (Auch wer es zum Prinzip macht, grundsätzlich keine Strukturen zu haben, hängt ja mit dieser Entscheidung immer noch in Strukturfragen fest.)
Z.B. sehe ich es als ein ganz grosses Problem, dass in den evangelikalen und pfingstlichen Kirchen (also in den Kreisen, die sich selber als "erwecklich" betrachten) eine Bekehrung weitestgehend am (Nach-)Sprechen eines "Übergabegebets" oder ähnlichen äusserlichen Ritualen festgemacht wird. Statistiken haben gezeigt (soweit sich das überhaupt statistisch untersuchen lässt), dass höchstens fünf Prozent solcher "Übergabegebets-Bekehrungen" echt sind. In Gesprächen mit solchen "Bekehrten" habe ich gefunden, dass sie mit diesem Ritual alle möglichen Vorstellungen verbinden, wie z.B: sich einer Kirche oder religiösen Richtung anschliessen; das Angebot einer Gratisfahrkarte zum Himmel annehmen; auf ein emotionelles Erlebnis während der Predigt reagieren; oder einfach "nach vorne gekommen, weil der Prediger sagte, wir sollten nach vorne kommen". Aber so gut wie nie hörte ich ein Zeugnis von Überführung von der Sünde, Umkehr, Wiedergeburt, Lebensübergabe an Jesus, Empfang des Heiligen Geistes (nicht nur als emotionelles Erlebnis, sondern als die effektive Gegenwart des heiligen Gottes und Befähigung, ein Leben zur seiner Ehre zu leben), etc. - alles entscheidende Punkte, die zu einer Bekehrung im biblischen Sinn gehören. Wenn Dein Punkt 1 zutrifft, dann dürfte(n) die Hausgemeindebewegung(en) eine ähnlich verschwommene Vorstellung von Bekehrung haben wie die übrigen Gemeinden. Aber wenn wir neutestamentliche Gemeinde bauen wollen, dann brauchen wir dazu doch zuallererst "neutestamentliche Menschen"! - Oder wie einmal ein Prediger sagte: "Eine Gruppe von Menschen, die zusammen Gottesdienst feiern, sind noch längst keine christliche Gemeinde; ebensowenig wie elf tote Männer eine Fussballmannschaft sind."
Ein anderer Punkt, von dem ich mich frage, ob er in seiner ganzen Tragweite erkannt worden ist, ist die zentrale Bedeutung der Familie. In der biblischen Sprache ist "Haus" gleichbedeutend mit "Familie". Dementsprechend war die neutestamentliche Gemeinde eine Gemeinschaft von wirklichen (leiblichen) Familien, nicht nur eine Gruppierung mit familien"ähnlichen" Strukturen. Jede Familie war in sich bereits eine Kerngemeinde - und natürlich wäre es keiner christlichen Familie in den Sinn gekommen, ihre Kinder ausser Haus von einem ungläubigen Lehrer ausbilden zu lassen. Dieses Verständnis muss zumindest in den USA in den evangelikalen Gemeinden noch bis weit ins 19.Jh. hinein vorhanden gewesen sein; denn R.J.Rushdoony erwähnt, dass damals noch in aller Regel Familien aus der Gemeinde ausgeschlossen wurden, wenn sie ihre Kinder an eine weltliche Schule schickten. Ich glaube, heutige Gemeinden (inbegriffen Hausgemeinden) haben noch einen sehr weiten Weg zu gehen, bis sie wieder auch nur annähernd zu einem Verständnis von der Heiligkeit der Familie gelangen, wie es in früheren Generationen - und natürlich in Israel und in der Urgemeinde - vorhanden war.
Ich wage es hier - auch wieder nur als ferner Beobachter - eine ketzerische Frage zu stellen, von der Du als Näherstehender wahrscheinlich eher sagen kannst, ob sie zutrifft oder nicht:
Könnte es sein, dass die gegenwärtig entstehende Hausgemeindebewegung und verwandte Bewegungen in der westlichen Welt nicht so sehr vom Neuen Testament her inspiriert sind (und auch nicht so sehr z.B. von der chinesischen Hausgemeindebewegung), sondern ebenso oder noch mehr von der Zeitströmung des "Postmodernismus", sodass es gegenwärtig einfach "in" ist, z.B. Netzwerke aufzubauen statt Hierarchien, oder den mitmenschlichen Beziehungen grösseres Gewicht zu geben als Regeln und Strukturen?
- Wenn dies zuträfe, dann würde das natürlich durchaus zu gewissen "biblischen" Ergebnissen führen. Es würde aber geistlich überall da scheitern, wo das Wort Gottes postmodernen Vorstellungen widerspricht.
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risced,
Freitag, 6. Juli 2012, 23:48
hallo Hans
Ich war schon immer kritisch in meinen Beobachtungen betreffs der Hauskirchen/ Gemeindenbewegung. Dabei sehe ich die Dinge, die nicht in Ordnung sind. Das entmutigt mich aber nicht, weiß ich doch, dass wir einen Weg gehen und dass das, was wir bisher in einfachen Gemeinden sehen ein Übergang ist. Ich bin überzeugt, dass wir in den Tagen der Wiederherstellung der Gemeinde leben. Für mich ist die Gemeinde des neuen Testaments eine Gemeinde, die sehr wohl eine Struktur hat. Und ich glaube, dass der Heilige Geist uns auch in den nächsten Jahren in bestimmte Strukturen führen möchte. Wie das Wasser, wenn es nur in die Hände gekippt wird, dann fließt es durch die Finger, wenn ich aber ein Glas habe, dann kann ich es auffangen und habe viel davon.
In meinem Artikel beziehe ich mich im Grunde auf die Leibstruktur - der kooperative Leib Jesu. Wer sich in Anatomie auskennt, der weiß, dass da alles wohlstrukturiert ist, damit der Leib seiner Bestimmung leben kann - so ist es auch mit der Gemeinde.
In meinem Artikel beziehe ich mich im Grunde auf die Leibstruktur - der kooperative Leib Jesu. Wer sich in Anatomie auskennt, der weiß, dass da alles wohlstrukturiert ist, damit der Leib seiner Bestimmung leben kann - so ist es auch mit der Gemeinde.
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risced,
Freitag, 6. Juli 2012, 23:50
... und die neusten Entwicklungen diesbezüglich finde ich nicht traurig, sondern mutmachend.
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christlicheraussteiger,
Samstag, 21. Juli 2012, 20:18
Das freut mich, wenn also doch die positive Seite überwiegt. Und der zweite Teil Deines Artikel zeigt ja auch, dass Du unermüdlich daran arbeitest, diese positive Seite noch mehr zur Geltung zu bringen.
Wo ich immer noch ein Fragezeichen habe (nicht an Deinen Artikel, aber an die Hausgemeinden und "einfachen Gemeinden" im allgemeinen), ist bezüglich des Verständnisses von Evangelisation und Bekehrung. Die sogenannten Evangelisationsveranstaltungen in den gängigen Freikirchen sind ja im Lauf der letzten hundert Jahre immer mehr zu Mitgliederwerbungs-Shows verkommen. Ein wirklich überführendes evangelistisches Wort, das "mitten durchs Herz geht" (Apg.2,37), wie es auch bei den klassischen Erweckungspredigern der Fall war (Jonathan Edwards, John Wesley, Charles Finney, etc.) - ein solches Wort ist heute kaum noch irgendwo zu hören. Und dieser Mangel an "einschneidender" Evangelisation scheint mir der tiefere Grund zu sein, warum es so manchen Christen an "Begeisterung" mangelt (Punkt 1 in Deinem Artikel): Schon ihre Bekehrung war nur oberflächlich.
Gibt es in den verschiedenen westlichen Hausgemeindebewegungen solch überführende Evangelisation und entsprechend tiefgehende und radikale Bekehrungen? Das ist für mich der Angelpunkt, an dem sich entscheidet, ob eine Bewegung nur auf Sand gebaut ist oder auf dem Felsengrund Gottes.
Wo ich immer noch ein Fragezeichen habe (nicht an Deinen Artikel, aber an die Hausgemeinden und "einfachen Gemeinden" im allgemeinen), ist bezüglich des Verständnisses von Evangelisation und Bekehrung. Die sogenannten Evangelisationsveranstaltungen in den gängigen Freikirchen sind ja im Lauf der letzten hundert Jahre immer mehr zu Mitgliederwerbungs-Shows verkommen. Ein wirklich überführendes evangelistisches Wort, das "mitten durchs Herz geht" (Apg.2,37), wie es auch bei den klassischen Erweckungspredigern der Fall war (Jonathan Edwards, John Wesley, Charles Finney, etc.) - ein solches Wort ist heute kaum noch irgendwo zu hören. Und dieser Mangel an "einschneidender" Evangelisation scheint mir der tiefere Grund zu sein, warum es so manchen Christen an "Begeisterung" mangelt (Punkt 1 in Deinem Artikel): Schon ihre Bekehrung war nur oberflächlich.
Gibt es in den verschiedenen westlichen Hausgemeindebewegungen solch überführende Evangelisation und entsprechend tiefgehende und radikale Bekehrungen? Das ist für mich der Angelpunkt, an dem sich entscheidet, ob eine Bewegung nur auf Sand gebaut ist oder auf dem Felsengrund Gottes.
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risced,
Samstag, 21. Juli 2012, 20:42
Hallo Hans,
bei der Beurteilung der Problematik, die du darstellst (bezüglich Evangelisation/ Bekehrung/Mission) kann ich nur zweigleisig reagieren. Warum? Weil ich meine starke Befürwortung einfacher Gemeindestrukturen (Hauskirchen/ Hausgemeinden) nicht abhängig mache vom Erfolg. In erster Linie, und das ist mir so wichtig, dass es meine Haltung wesentlich beeinflusst steht bei mir die Überzeugung, was Gemeinde eigentlich ist und wie sie ist. Und da finde ich diese Art Gemeinde zu leben die beste, ich will keine andere mehr. Ich bin sozusagen Überzeugungstäter - dabei spielt es für mich keine Rolle, wie erfolgreich die einfachen Gemeinden im Evangelisieren sind - das ist mir dabei egal. Denn ich meine zu wissen, dass die einfachen Gemeindestrukturen mehr das Gemeindeleben sind, das Gott sich vorgestellt hat.
Mit Evangelisation und Leute zur "Bekehrung führen" verbinde ich leider immer noch einen sehr starken Druck, der auf meiner Seele lastet - es ist eine Mischung aus der Notwendigkeit, dem Auftrag Jesu zu genügen und eine falsche Last, die mit Gesetz- lichkeit zu tun hat.("... du musst evagnelisieren ...".
Die Frage ist, wo bleibt die Freude und die Freiheit in der Sache. Ich nutze voll die Gelegenheiten, die mir der Herr gibt, z.B. wenn ich unterwegs bin. Viele Male im Jahr bin ich mit Mitfahrgelegenheit unterwegs - immer, nahezu immer gibt es dabei ein langes evangelistisches Gespräch. Die Leute die ich da treffe sind immer vorbereitet - und es macht richtig Freude. Leider prifitiert meine Hausgemeinde nicht davon, da sind wir meist unter uns.
Wenn ich an meinen täglichen Gang in die Stadtmitte zum Büro denke oder an meine Nachbarschaft, da sieht es anders aus. Früher stand ich immer unter dem Zwang, denen Leuten in diesen Bereichen das Evangelium zu bringen. Jetzt sieht es anders aus, wir haben den Schwerpunkt auf die Gemeinschaft untereinander als Gläubige gelegt. Ich denke, das ist biblisch. Siehe: "Tut Gutes jedermann zuerst aber den eigenen Hausgenossen" (Gal.6,10)
Ric
bei der Beurteilung der Problematik, die du darstellst (bezüglich Evangelisation/ Bekehrung/Mission) kann ich nur zweigleisig reagieren. Warum? Weil ich meine starke Befürwortung einfacher Gemeindestrukturen (Hauskirchen/ Hausgemeinden) nicht abhängig mache vom Erfolg. In erster Linie, und das ist mir so wichtig, dass es meine Haltung wesentlich beeinflusst steht bei mir die Überzeugung, was Gemeinde eigentlich ist und wie sie ist. Und da finde ich diese Art Gemeinde zu leben die beste, ich will keine andere mehr. Ich bin sozusagen Überzeugungstäter - dabei spielt es für mich keine Rolle, wie erfolgreich die einfachen Gemeinden im Evangelisieren sind - das ist mir dabei egal. Denn ich meine zu wissen, dass die einfachen Gemeindestrukturen mehr das Gemeindeleben sind, das Gott sich vorgestellt hat.
Mit Evangelisation und Leute zur "Bekehrung führen" verbinde ich leider immer noch einen sehr starken Druck, der auf meiner Seele lastet - es ist eine Mischung aus der Notwendigkeit, dem Auftrag Jesu zu genügen und eine falsche Last, die mit Gesetz- lichkeit zu tun hat.("... du musst evagnelisieren ...".
Die Frage ist, wo bleibt die Freude und die Freiheit in der Sache. Ich nutze voll die Gelegenheiten, die mir der Herr gibt, z.B. wenn ich unterwegs bin. Viele Male im Jahr bin ich mit Mitfahrgelegenheit unterwegs - immer, nahezu immer gibt es dabei ein langes evangelistisches Gespräch. Die Leute die ich da treffe sind immer vorbereitet - und es macht richtig Freude. Leider prifitiert meine Hausgemeinde nicht davon, da sind wir meist unter uns.
Wenn ich an meinen täglichen Gang in die Stadtmitte zum Büro denke oder an meine Nachbarschaft, da sieht es anders aus. Früher stand ich immer unter dem Zwang, denen Leuten in diesen Bereichen das Evangelium zu bringen. Jetzt sieht es anders aus, wir haben den Schwerpunkt auf die Gemeinschaft untereinander als Gläubige gelegt. Ich denke, das ist biblisch. Siehe: "Tut Gutes jedermann zuerst aber den eigenen Hausgenossen" (Gal.6,10)
Ric
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christlicheraussteiger,
Sonntag, 5. August 2012, 21:23
Hallo Richard,
Mit dem, was ich geschrieben habe, wollte ich keineswegs einem "Evangelisationsdruck" das Wort reden. Im Gegenteil, was Du diesbezüglich sagst, sehe ich genauso. Es geht mir ja nicht um das "wie oft" der Evangelisation, auch nicht um "Erfolg" oder um die Zahl der Bekehrten. Es geht mir vielmehr um das "Wie" und die "Qualität".
Die von mir angeführten Gottesmänner der Vergangenheit zeichneten sich ja gerade dadurch aus, dass sie keinerlei Aufrufe machten im heutigen Stil von "Komm nach vorne" oder "Bete dieses Gebet mit mir". (Solche Aufrufe und Übergabegebete kamen erst um die Mitte des 19.Jh. auf.) Im Gegenteil, sie waren sich bewusst, dass sich ein Mensch nur dann bekehren kann, wenn er vorher zutiefst vom Heiligen Geist überführt wurde von seiner Sündhaftigkeit und Verlorenheit, und von der Notwendigkeit und Wirksamkeit des Opfers Jesu. Deshalb zielten sie mit ihrer Botschaft direkt auf das Gewissen, um dem Heiligen Geist dieses Werk der Überführung zu ermöglichen.
Jonathan Edwards z.B. legte seinen Zuhörern nahe, selber Gott zu suchen, und sagte ihnen manchmal sinngemäss: "Wenn jemand von euch in den nächsten Tagen oder Wochen zur Gewissheit kommen sollte, dass er wiedergeboren wurde, dann möge er bitte zu mir kommen und mir sein Zeugnis erzählen." Diese Bekehrungen kamen also nicht durch rhetorischen Druck oder emotionelle Manipulation in einer Massenveranstaltung zustande, sondern im individuellen Suchen und Ringen vor Gott im stillen Kämmerlein. Deshalb waren sie tiefer und dauerhafter als heutige durchschnittliche "Übergabegebets-Bekehrungen".
(Bei Wesley und Finney gab es auch spontane Bekehrungen direkt in den Veranstaltungen, aber immer aufgrund tiefer Überführung durch den Heiligen Geist, nicht aufgrund eines "Aufrufs".)
Keith Green hat einmal den folgenden schockierenden Vergleich gebracht: Die Überführung durch den Heiligen Geist setzt im Ungläubigen einen Prozess in Gang, den man als "geistliche Schwangerschaft" bezeichnen könnte. Wenn dieser Prozess zu seiner Reife kommt, dann wird der Mensch von selber seine Sünde bekennen und zur Umkehr und zum Glauben kommen. Aber heutige verantwortungslose Evangelisten haben nicht die Geduld, diesen Prozess zu respektieren, sondern sie drängen die Menschen, "jetzt" nach vorne zu kommen und "dieses kleine Gebet nachzusprechen", lange bevor das "Kind" reif ist zur "Geburt". Manchmal machen sie ihnen sogar die unbiblische Zusage, sie seien aufgrund des Nachsprechens dieses Gebets wiedergeboren worden. Damit begehen sie einen "geistlichen Schwangerschaftsabbruch"!
Ich schreibe dies alles, weil ich überzeugt bin, dass (ich weiss, ich wiederhole mich hier) ein richtiges Verständnis von Evangelisation und Bekehrung genau dem Punkt abhelfen würde, den Du selber beklagst, nämlich der mangelnden "heiligen Begeisterung" und der weltlichen Gesinnung selbst unter jenen, die sich Christen nennen. Damit meine ich nicht "mehr" Evangelisation und erst recht nicht "manipulativere" Evangelisation, sondern im Gegenteil eine Evangelisation, welche Überführung, Bekehrung und Glaube wieder als übernatürliches Werk Gottes respektiert und sucht, statt diese als ein menschlich machbares Werk anzusehen und herbeizumanipulieren. Dazu müsste insbesondere der Dienst des Evangelisten wieder neu verstanden werden und wegkommen vom "Billy-Graham-Paradigma", sowie von der "billigen Gnade", die Menschen allzu voreilig die Errettung zuspricht. Dann, glaube ich, wären "einfache Gemeinden" sogar ein idealer Ort, um suchende Menschen in einer solchen "geistlichen Schwangerschaft" zu begleiten und mitzutragen, bis sie zum Durchbruch kommen.
Ich habe ja selber keine evangelistische Berufung oder Gabe. Aber als Ehepaar begleiten wir z.B. eine Nachbarin, die sich schon seit zwei Jahren in einer solchen "geistlichen Schwangerschaft" befindet. Manchmal würden wir da gerne sagen: "Bekehre dich doch endlich!" - aber wir müssen akzeptieren, dass das nicht in unserer Hand steht und dass zuerst die Überführung durch den Heiligen Geist vollständig sein muss.
Mit dem, was ich geschrieben habe, wollte ich keineswegs einem "Evangelisationsdruck" das Wort reden. Im Gegenteil, was Du diesbezüglich sagst, sehe ich genauso. Es geht mir ja nicht um das "wie oft" der Evangelisation, auch nicht um "Erfolg" oder um die Zahl der Bekehrten. Es geht mir vielmehr um das "Wie" und die "Qualität".
Die von mir angeführten Gottesmänner der Vergangenheit zeichneten sich ja gerade dadurch aus, dass sie keinerlei Aufrufe machten im heutigen Stil von "Komm nach vorne" oder "Bete dieses Gebet mit mir". (Solche Aufrufe und Übergabegebete kamen erst um die Mitte des 19.Jh. auf.) Im Gegenteil, sie waren sich bewusst, dass sich ein Mensch nur dann bekehren kann, wenn er vorher zutiefst vom Heiligen Geist überführt wurde von seiner Sündhaftigkeit und Verlorenheit, und von der Notwendigkeit und Wirksamkeit des Opfers Jesu. Deshalb zielten sie mit ihrer Botschaft direkt auf das Gewissen, um dem Heiligen Geist dieses Werk der Überführung zu ermöglichen.
Jonathan Edwards z.B. legte seinen Zuhörern nahe, selber Gott zu suchen, und sagte ihnen manchmal sinngemäss: "Wenn jemand von euch in den nächsten Tagen oder Wochen zur Gewissheit kommen sollte, dass er wiedergeboren wurde, dann möge er bitte zu mir kommen und mir sein Zeugnis erzählen." Diese Bekehrungen kamen also nicht durch rhetorischen Druck oder emotionelle Manipulation in einer Massenveranstaltung zustande, sondern im individuellen Suchen und Ringen vor Gott im stillen Kämmerlein. Deshalb waren sie tiefer und dauerhafter als heutige durchschnittliche "Übergabegebets-Bekehrungen".
(Bei Wesley und Finney gab es auch spontane Bekehrungen direkt in den Veranstaltungen, aber immer aufgrund tiefer Überführung durch den Heiligen Geist, nicht aufgrund eines "Aufrufs".)
Keith Green hat einmal den folgenden schockierenden Vergleich gebracht: Die Überführung durch den Heiligen Geist setzt im Ungläubigen einen Prozess in Gang, den man als "geistliche Schwangerschaft" bezeichnen könnte. Wenn dieser Prozess zu seiner Reife kommt, dann wird der Mensch von selber seine Sünde bekennen und zur Umkehr und zum Glauben kommen. Aber heutige verantwortungslose Evangelisten haben nicht die Geduld, diesen Prozess zu respektieren, sondern sie drängen die Menschen, "jetzt" nach vorne zu kommen und "dieses kleine Gebet nachzusprechen", lange bevor das "Kind" reif ist zur "Geburt". Manchmal machen sie ihnen sogar die unbiblische Zusage, sie seien aufgrund des Nachsprechens dieses Gebets wiedergeboren worden. Damit begehen sie einen "geistlichen Schwangerschaftsabbruch"!
Ich schreibe dies alles, weil ich überzeugt bin, dass (ich weiss, ich wiederhole mich hier) ein richtiges Verständnis von Evangelisation und Bekehrung genau dem Punkt abhelfen würde, den Du selber beklagst, nämlich der mangelnden "heiligen Begeisterung" und der weltlichen Gesinnung selbst unter jenen, die sich Christen nennen. Damit meine ich nicht "mehr" Evangelisation und erst recht nicht "manipulativere" Evangelisation, sondern im Gegenteil eine Evangelisation, welche Überführung, Bekehrung und Glaube wieder als übernatürliches Werk Gottes respektiert und sucht, statt diese als ein menschlich machbares Werk anzusehen und herbeizumanipulieren. Dazu müsste insbesondere der Dienst des Evangelisten wieder neu verstanden werden und wegkommen vom "Billy-Graham-Paradigma", sowie von der "billigen Gnade", die Menschen allzu voreilig die Errettung zuspricht. Dann, glaube ich, wären "einfache Gemeinden" sogar ein idealer Ort, um suchende Menschen in einer solchen "geistlichen Schwangerschaft" zu begleiten und mitzutragen, bis sie zum Durchbruch kommen.
Ich habe ja selber keine evangelistische Berufung oder Gabe. Aber als Ehepaar begleiten wir z.B. eine Nachbarin, die sich schon seit zwei Jahren in einer solchen "geistlichen Schwangerschaft" befindet. Manchmal würden wir da gerne sagen: "Bekehre dich doch endlich!" - aber wir müssen akzeptieren, dass das nicht in unserer Hand steht und dass zuerst die Überführung durch den Heiligen Geist vollständig sein muss.
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