Montag, 17. Oktober 2011
Die Gemeinde in Korinth und die Versuchung zum Aufbau einer hierarchischen und zentralisierten Gemeindestruktur (Teil 2)
Juan Peter Miranda sagt in seinem Buch „Kleine Einführung in die Geschichte des frühen Christentums bezogen auf die Situation der Gemeinde in Korinth:
„Hier zeigt sich deutlich das Problem, sowie die Aufgabe, aus Kleingruppen zu einer dieser übergreifenden Gruppe zu gelangen.“
Meiner Meinung nach gibt es hier zwei verschiedene Ansätze zur Lösung des Problems:
Erstens, man löst die Selbständigkeit der verschiedenen Hausgruppen an der Basis auf und vereinheitlicht sie zu einer neuen Großgruppe mit nur einem Leiter an der Spitze, dem die Leiter der kleinen Gruppen untergeordnet sind. Das war die Strategie von Clemens von Rom und von Ignatius von Antiochien, die uns zur hierarchischen Kirchenorganisation führte.
Oder zweitens, man belässt die dezentrale Struktur und die Selbständigkeit der Gemeindegruppen aber verstärkt gleichzeitig die wechselseitige Beziehung und Abhängigkeit zueinander. Das führt zur Bildung eines losen Netzwerkes ohne Hierarchie, wie wir es z.B. in einer Sippe vorfinden, dem Verband mehrerer Familien.

Klar, als Vertreter des Ansatzes einfacher Gemeinden sympathisieren wir natürlich mit der letzteren Variante, dem Netzwerk kleiner Gemeinden. Damit ein solches natürliches Netz Bestand haben kann, ist aber noch ein Zusätzliches notwendig, nämlich die Funktion der Dienste. Bedenken müssen wir dabei, dass Apostel und Propheten nicht die obersten Leiter an der Spitze einer Gemeindehierarchie sind. Leider wird das heute oft missverstanden, sodass wir in gewissen Denominationen eine Karikatur dieser Art von Autorität beobachten können: Zusammengehörige Gemeinden, bilden ein Netzwerk an dessen Spitze eine begabte Person als Leiter regiert. In charismatischen Gemeinden nennen sich diese Leiter dann Apostel, in evangelischen Kirchen heißen sie Superintendant, Dekan oder Probst, in der katholischen Kirche Bischof oder Diözesanbischof. Hier kommt wieder das bekannte hierarchische Prinzip, das wir auch aus dem Militär, bzw. Staatswesen kennen, zum Ausdruck.

Die Autorität in der organischen Gemeinde, im Leib Jesu ist von anderer Natur. Ihre Beschaffenheit eignet sich hervorragend für die Funktion eines echten Netzwerkes.
Die Dienste stehen nicht über den Leitern (Ältesten, Aufseher, Hirten) der Gemeinde, sondern daneben, als eine andere Art von Autorität, von Gott gegeben für die Gemeinde.
Die Autorität der Ältesten ist für die lokale Gemeinde/ Hausgemeinde. Sie sind die Träger der Verantwortung für den ihnen anvertrauten Bereich. (1.Petr.5,3) Ihre Autorität beinhaltet eine Aufgabe und eine bestimmte Rolle, die ihnen gegeben wurde, bzw. in die sie hineingewachsen sind. Ähnlich, wie dem Vater oder Großvater in der Familie wird ihnen als geistliches Oberhaupt Achtung entgegengebracht. In ihrer Verantwortung halten sie Aufsicht über ihre Herde und kümmern sich um deren Versorgung und Betreuung.
Die Autorität der Dienste ist anders, sie ist mehr charismatisch und übergeordnet. Es sind die von Gott Begabten, berufen, dem gesamten Leib, also der Vielzahl von Hausgemeinden zu dienen. Sie sind nicht lokal gebunden, wie die Ältesten, sondern haben das große Gemeindenetzwerk im Blick. Ihre vorrangige Aufgabe ist die Ausbildung und Befähigung der Gläubigen, damit diese selbst für den Dienst zugerüstet werden und ihren Platz und ihre Berufung in der Gemeinde einnehmen. Deshalb haben sie in erster Linie eine Lehr und Bauautorität für den übergeordneten Leib Jesu (1.Kor.12.28). Ihnen wurde von Gott eine Schlüsselrolle für das Netzwerk der Gemeinden gegeben. Durch ihre Mobilität und Flexibilität sorgen sie für die nötige Verbindung zwischen den Gemeinden und für das Entstehen eines intakten Netzwerkes. Sie fließen wie der Blutkreislauf durch alle Hausgemeinden und versorgen sie mit den apostolisch- prophetischen „Botenstoffen“. Sie sind die Gelenke und Bänder des gesamten Leibes bzw. Netzwerkes. (Kol. 2,19; Eph.4,16)
Ohne sie wird es auf Dauer nicht möglich sein, ein dezentrales und intaktes Netzwerk zu haben.

Ric

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