Dienstag, 26. Mai 2009
Wachstumskrisen in Einfachen Gemeinden 2
1. Die Leiterfrustration

Diese Krise wird stattfinden, wenn die überwiegende Zahl der Mitglieder der einfachen Gemeinde bereits einschlägige Erfahrungen mit Gruppenleitung sammeln konnte. Die normale Erwartung in "gemeindlichen Gruppen" ist, dass es jemanden gibt, der als Leiter oder zumindest als Moderator auftritt, er gibt der Gruppe Sicherheit und Vision. Bekanntlich ist es so, dass es überdurchschnittlich viele Menschen gibt, die sich auf die Vision und Überzeugungskraft von wenigen Leiterpersönlichkeiten ausrichten. Negatv gesehen und oft beklagt, werden diese Menschen, die sich in großer Überzahl befinden "Mitläufer" genannt. Dem gegenüber gibt es in der Regel nur eine geringe Anzahl natürlicher Leiter, die in ihrer Art richtungsweisend und überzeugend sind.
Wenn wir konsequent einfache Gemeinde leben wollen, die sich inspiriert durch den Heiligen Geist und bereichert durch natürliche und geistliche Gaben entwickeln soll, dann müssen wir es lernen, das typische Leiter- Mitläufer- Modell zu überwinden und zu einem "Mitwirkungs- Modell" kommen. Was Gott uns hier für das Gemeindeleben gibt, ist das Angebot in 1.Kor.14,26:
"Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprachenrede, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung."
Alle fünf Gaben, die hier aufgezählt werden üben Leitung für die Gemeinde aus, dazu gehört z.B. auch noch die spezielle Gabe der Steuerung (kybernese = Leitung) aus 1.Kor.12,28, oder die Fähigkeit Einzelner organisatorisch zu wirken und zu koordinieren (s. Röm. 12,8).
Durch die klassische Leitung wird in der Regel die Fülle der Gaben für die Leitung unterdrückt und der Hauptfokus auf eine Person ausgerichtet, die eine Position hat, bzw. die Rolle eines Leiter ausfüllt. Dabei muss es sich nicht nur um eine Person handeln, von Treffen zu Treffen kann es auch eine andere Person sein. Entscheidend ist aber der Stil, der bleibt gleich, er erzieht die Teilnehmer mehr zu passiven Konsumenten anstatt zu Mitwirkenden.

In der Anfangsphase unserer einfachen Gemeinde wollte ich dieses System durchbrechen, was nicht einfach war. Mein Typus und meine Bekanntheit vermittelte, dass ich ein Leiter bin und dass ich weiß, wie die Dinge laufen müssen - deshalb waren aller Augen auf mich gerichtet, mit der Erwartung, dass ich die Initiative übernehme und die ganze Gemeinde leite und lehre.
Doch ich wehrte beständig ab und "spielte die mir zugeworfenen Bälle" immer wieder zurück. Frustration machte sich breit, weil ich die Erwartungen nicht erfüllte. Es dauerte ein Zeit, bis die meisten begriffen hatten, dass sie jetzt gefragt sind, mit ihren Beiträgen, mit ihrer Leitung den Ablauf des Treffens zu gestalten.
In der zweiten Phase dieser Entwicklung musste besonders ich lernen, dass ich mich nicht im üblichen Sinne auf das Treffen thematisch vorbereiten soll, denn der Heilige Geist hat alles schon vorbereitet, noch bevor wir zusammen kommen. Wir brauchen es nur aus dem Unsichtbaren abholen. Dann ist es rechtens zu sagen, nicht wir haben geleitet und das Thema und den Ablauf bestimmt, sondern Jesus selbst in unserer Mitte.
Aber bis dahin war es ein langer Weg - immer wieder fielen wir in die alten leitungs- und programmorientierten Treffen zurück. Doch irgendwann hatten wir es drin und schon sah ich anderes Konfliktpotenzial am Horizont auftauchen.

.... Fortsetzung folgt

Ric

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